Diesel, Benzin, Elektro oder Hybrid? Auch im Jahr 2022 ist die Frage der Motorisierung des Familienautos eines der schwierigsten aber auch wichtigsten Themen. Schließlich hat die Entscheidung einen großen Einfluss auf die Flexibilität der Nutzung des Fahrzeugs durch die Familie. Auf der anderen Seite spielen die Zukunftsfähigkeit (z.B. Fahren in Umweltzonen) und der Werterhalt (Wiederverkaufswert) eine wichtige Rolle.
Welche Motorisierung für das Familienauto gewählt werden kann wird inzwischen auch von den Herstellern beeinflusst. Denn nicht jedes Fahrzeug wird mit jeder Motorisierung angeboten. Daher kann die Wahl der Motorisierung in vielen Fällen auch einen Einfluss auf die letztendliche Wahl das entsprechenden Fahrzeugmodells haben.
Wir werfen einen Blick auf die am Markt aktuell verbreitetsten Motorisierungen und fassen – kurz und knackig – deren Vor- und Nachteile zusammen. Das Ergebnis floss auch in unseren großen Test der Autos für Familien mit drei Kindern sowie unseren Familienauto-Berater ein.
Der Ottomotor (Benzinmotor)
- Pro:
- Die Laufruhe moderner Ottomotoren sorgt für ein sehr leises Geräuch – insbesondere bei niedrigen Drehzahlen
- Hohe Verfügbarkeit des Kraftstoffs / viele Tankstellen
- Kurze Zwangstopps: Schnelles Nachtanken möglich
- Breite Angebotspalette an Familienautos
- In der Schweiz: geringere Kraftstoffkosten
- In Deutschland: niedrigere Kfz-Steuern
- Contra:
- Bei hoher Beschleunigung brauchen Ottomotoren eine höhere Drehzahl, was zu erhöhten Lärmemissionen führt.
- Höherer Verbrauch als Diesel, da der Kraftstoff einen niedrigeren Energiegehalt als Diesel besitzt.
Der Dieselmotor
- Pro:
- Dieselmotoren arbeiten auch heute noch 15-20% effizienter als Ottomotoren. Dies sorgt für einen niedrigeren Verbrauch. Die höhere Effizienz bemerkte man aber früher besonders im Winter. Dieselmotoren benötigten länger, bis diese genügend Abwärme produzierten, um den Innenraum zu wärmen. Inzwischen sorgen hier Zuheizer für schnelle Wärme.
- Diesel verfügt über eine höhere Energiedichte als Benzin und ermöglicht damit eine höhere Reichweite pro Liter mitgeführtem Kraftstoff, sowie einen niedrigeren Verbrauch.
- Kraftentfaltung bereits bei niedrigen Drehzahlen
- Dieselmotoren halten länger als Ottomotoren. Auch wenn die Abgasnachbehandlung heute immer komplexer wird, so gilt der Dieselmotor weiterhin als langlebiger als ein Ottomotor.
- Hohe Verfügbarkeit des Kraftstoffs / viele Tankstellen
- Kurze Zwangsstopps: Schnelles Nachtanken möglich
- Breite Angebotspalette an Familienautos
- In Deutschland ist der Diesel-Kraftstoff niedriger besteuert als Benzin und führt zu einem günstigeren Literpreis als Benzin.
- Contra:
- Dieselmotoren sind in der Regel teurer als Ottomotoren. Dieser Mehrpreis muss erst durch eine entsprechende Kilometer-Leistung amortisiert werden.
- Knorriger Sound des Motors, auch wenn heutige Dieselmotoren recht laufruhig sind
- Image des „schmutzigen Diesels“
- Zukunftsfähigkeit (Fahrverbote in Großstädten)
- In Deutschland: höhere Kfz-Steuern als Benziner
Der Plug-in Hybrid
- Pro:
- Günstiger Steuersatz, da der Verbrauch und damit die CO2-Werte gemäss WLTP-Fahrzyklus sehr niedrig sind.
- Contra:
- Es ist eine Ladestation (Wallbox) notwendig, um den Akku nicht ausschließlich via Verbrennungsmotor (und Bremsenergierückgewinnung) zu laden.
- Auf Mittel- bis Langstrecken hoher Verbrauch, da der Akku nur für wenige Kilometer ausreicht und der Verbrennungs-Motor für die Größe bzw. das Gewicht der Fahrzeuge in der Regel eher unterdimensioniert ist.
- Die elektrische Reichweite liegt aktuell in der Regel nur bei 30 – 50 Kilometern, auch weil der Verbrennungsmotor noch das zusätzliche Gewicht des E-Antriebs mit Akku „mitgeschleppen“ muss..
- Er vereint die Nachteile von beiden Technologien: Die Komplexität eines modernen Verbrennungsmotors, sowie die Gewichtsnachteile der Batterie für den Elektromotor.
Der Vollhybrid
- Pro:
- Günstiger Steuersatz, da die CO2-Werte niedrig sind.
- Bei einigen Herstellern (wie z.B. Toyota): ausgereifte Technik durch jahrelange Erfahrung.
- Keine Ladestation (Wallbox) notwendig, da ein externes Nachladen nicht möglich ist.
- Contra:
- Er vereint die Nachteile von beiden Technologien (Verbrennungsmotor und Elektromotor): Komplex und schwer.
Der Elektromotor
- Pro:
- Umweltfreundlich im Betrieb, wenn mit Ökostrom geladen wird
- E-Motoren sind weniger komplex als Verbrennungsmotoren und dadurch sehr wartungsfreundlich.
- Das Netz der Ladestationen wird stetig weiter ausgebaut. Die Versorgung auch für längere Strecken innerhalb Mitteleuropas (z.B. Tesla Supercharger-Netz oder das Netz der EnBW) ist hiermit schon sehr sicher.
- Contra:
- Ladestation (Wallbox) notwendig, um nicht alleine von der Verfügbarkeit von öffentlichen Ladestationen abhängig zu sein.
- Lange Ladezeit, dadurch sind bei längeren Fahrten längere Zwangsstopps notwendig.
- Man muss die Reiseroute und Pausen anhand der Ladestationen (Ladestationen Deutschland, Ladestationen Schweiz) vorab planen. Auchtung: Im Ausland ist das Ladenetz oftmals noch nicht so gut ausgebaut.
- Hoher Preis in der Erstanschaffung des Fahrzeugs
- Preise für das Laden an öffentlichen Ladestationen steigen stetig
- Kleines Angebot an Familienautos
Weitere Antriebsarten, wie Brennstoffzelle oder Gas (LPG oder CNG) haben wir aufgrund der geringen Verbreitung und Verfügbarkeit als Motorisierung fürs Familienauto nicht berücksichtigt.
Unser Fazit
Aufgrund der Nachwirkungen der Dieselaffäre stehen Verbrennungmotoren gesamthaft vor dem Ende. Daher sehen Regierungen, Automagazine und einige Hersteller im Elektromotor die einzige Alternative. Immer mehr Hersteller haben angekündigt, die Neuentwicklung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor in wenigen Jahren einzustellen.
Für Familienfahrzeuge ist dies jedoch aktuell noch keine Lösung, da es noch keine überzeugenden Angebote auf dem Markt gibt, die den Anforderungen von Familien gerecht werden. Aus unserer Sicht müssen sich Familienfahrzeuge den Anforderungen seiner Insassen unterordnen und nicht umgekehrt. Denn wenn die Kinder beispielsweise gerade endlich eingeschlafen sind, will man als Eltern „Strecke machen“ und nicht die nächste Zwangspause an der (Schnell-)Ladesäule einlegen müssen.
Dass Ladestopps kürzer werden, dafür haben die Fahrzeughersteller in den letzten Jahren viel getan. So können neuere Fahrzeuge mit deutlich höheren Ladeströmen laden – sofern eine entsprechende Ladesäule verfügbar ist – was die Ladezeit deutlich verkürzt. Herausforderung ist aber bisher immer noch die begrenzte Reichweite. Höhere Reichweiten und damit weniger Ladestops verspricht nun die sogenannte Feststoffbatterie. Diese soll deutlich leichter, sicherer und günstiger als die bisherigen Batterien sein. Erste Fahrzeuge (z.B. der Nio ET7) sind sogar bereits angekündigt.
Der chinesische Hersteller Nio plant, im Zuge der Markteinführung seiner E-Fahrzeuge das 2007 erdachte Konzept von Better Place wiederzubeleben. Hierbei wird die Batterie beim Ladestopp innerhalb von wenigen Minuten ausgetauscht, so dass der Fahrer nicht auf das Nachladen warten muss. Ob sich dieses Konzept durchsetzen wird, muss sich noch zeigen.
In der aktuellen Marktsituation ist – aus unserer Sicht – somit ein Dieselmotor nach wie vor die beste, weil zuverlässigste Option der Motorisierung für das Familienauto bzw. den Familien-Van. Wer davon ausgeht, dass in den nächsten Jahren die Verbrennungsmotoren, durch Einflußnahme von Staat und anderen Organisationen (z.B. DUH), so weit verdrängt werden, dass diese Fahrzeuge nur noch schwer zu verkaufen sind, least sich vielleicht ein Fahrzeug der aktuellsten Schadstoffklasse – z.B. für 3 Jahre. Bis dahin sollte klar sein, wohin die Reise mit Verbrennern und Elektromotoren auch im Segment der Familienautos geht.
Wenn Geld jedoch eine untergeordnete Rolle spielt und man zuhause die entsprechenden Umbauten für eine Ladestation ausführen kann, ist der Elektromotor eine Alternative. Insbesondere auch dann, wenn man keine langen Urlaubsfahrten mit der Familie plant und somit genau weiß wo man nachladen kann.
Wir bleiben auf jeden Fall am Thema dran und informieren an dieser Stelle.
Bildquelle auf dieser Seite: Volkswagen Newsroom (Beitragsbild). Verwendet mit freundlicher Genehmigung.
Erstveröffentlichung: 23.06.2019
Letztes Update: 12.06.2022
Hallo zusammen,
zunächst Kompliment zu der tollen Seite, mit einer u. a. sehr infomativen Zusammenfassung und Übersicht zum Thema Familienautos.
Ich habe aber doch mal eine Frage:
Warum seht ihr die Plug-in Hybride so negativ. Wir suchen gerade ein großes Familienauto und ich liebäugel sehr mit einem Plug-in, da für mich die täglichen Kurzstrecken (Tagespensum insgesamt rd. 50km) in der Vorstellung rein elektrisch gefahren werden können. Trotzdem haben wir die Flexibiltät auch längere Strecken familiengerecht zu meistern. Zugegeben, ich habe die Möglichkeit sowohl zu Hause als auch bei der Arbeit zu laden. Vereint der Antrieb so nicht den ökologischen und preisgünstigen Elektroantrieb für die Kurzstecke mit der Langstreckentauglichkeit auf Urlaubsreisen? Übersehe ich etwas? Vielen Dank.
Herzliche Grüße
Georg
Hallo Georg
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Der ökologische Nutzen von Plug-in Hybridfahrzeugen steht und fällt damit, wieviel diese im Realbetrieb elektrisch bewegt werden. Die elektrische Reichweite von aktuell ca. 50 km ist ideal für den Testzyklus und sorgt – auf dem Papier – für einen sehr niedrigen CO2-Ausstoss – und damit für eine niedrige Steuerbelastung. Lädt man jedoch die Batterie nicht auf, kommt man über die elektrische Reichweite der Batterie oder fährt man sehr schnell auf der Autobahn, so springt der Verbrennungsmotor an. Die Motoren, die bei diesen Fahrzeugen verbaut sind, sind meist (hochaufgeladene) Benzinmotoren, die – insbesondere für das Gewicht von Familienautos – eher unterdimensioniert sind. In diesem Fall müssen sie dann ja auch noch das Gewicht der Batterie „mitschleppen“. Daraus folgt ein recht hoher Verbrauch für diese Fahrten. Da diese Fahrzeuge in der Regel über einen kleineres Tankvolumen verfügen, als die reine Verbrennervariante, muss man auf Urlaubsfahrten unter Umständen sogar früher zur Tankstelle, als man es mit einem Diesel gewohnt war.
Hat man jedoch so ideale Bedingungen, wie Sie es beschreiben, dann ist ein Plug-in Fahrzeug sicher eine Überlegung wert. Einzig bei den Urlaubsfahrten sollten Sie sich auf einen höheren Verbrauch einstellen. Bei der Auto-Zeitung, sowie ADAC gibt es hierzu übrigens zwei lesenswerte Artikel, die auch auf dieses Thema eingehen.